Samstag, 18. August 2012

Teil 7: Ein unerwarteter Brief - Sabi


Sabi, Post für dich! Komm runter!“, ruft Sophie durch das Haus. Ich strecke mich einmal richtig aus. Ich wunder mich, dass ich nicht normal wie sonst aufwache, sondern der Breite nach zusammengerollt. Langsam setzte ich ein Fuß vor den anderen. Vor dem Spiegel bleibe ich stehen und betrachte mein Äußeres.
Gott, sehe ich hässlich aus! Augenringe, rote Augäpfel und gekräuselte Haare. Ist aber kein Wunder, so wie ich diese Nacht geschlafen hatte. Das verdammte Gewitter hat mich kein Auge zudrücken lassen. Na ja, was soll's?
Ich laufe die Treppe nach unten, aber nicht ohne die siebzehn, zum hundertsten Mal gezählten, Stufen hinunter. Auf der Küchenplatte liegt der Briefumschlag.
St. Angela-Gymnasium...“, lese ich darauf. Was ist denn jetzt los? Die Ferien sind doch erst in eineinhalb Wochen vorbei. Das Kuvert bleibt, wie immer, nur in Fetzen übrig. Ich muss wirklich einmal lernen, einen Umschlag zu öffnen. Aber was ich darin lese, verschlägt mir die Sprache:


Sehr geehrte Frau Johnson,

vielen Dank für Ihr Interesse an dem Gesangswettbewerb und dem von uns gewünschten Videomaterial.

Wir freuen uns sehr, talentierte, sowie künstlerische Fähigkeiten im Bereich Musik an unserer Schule vertreten zu dürfen.

Hiermit laden wir Sie ganz herzlich zu unserem Casting ein,

am Donnerstag, den 12.04.2012, um 9:00 Uhr, Zimmer 203.

Wir freuen uns auf Ihr Kommen.

Mit freundlichen Grüßen

Deine Musik-AG“


Mir bleibt der Mund offen stehen. Wovon schreiben dir hier überhaupt?! Ich setze mich immer noch sichtlich verwirrt an den Frühstückstisch, wo ich einen fragenden Blick meiner Schwester auffange. Ohne ein Wort zu sagen, schiebe ich ihr den zusammengefalteten Zettel hinüber. Ihre Augen schweifen immer wieder von links nach rechts, dann schiebt sie ihn wieder zu mir. „Und was verstehst du daran nicht? Du bist zum Casting angemeldet für diesen Gesangswettbewerb an unserer Schule.“
Ja, aber hier steht ja noch: 'und dem von uns gewünschten Videomaterial.' Welches denn?“
Sophie zieht ihre Augenbrauen nach oben und mustert mich: „Um da mitzumachen, musstest du ein Video schicken, in dem du ihnen irgendein Lied vorträllerst. Und jetzt bist du im Casting, weil ...“
Wow, wow, wow, wow, wow!“, springe ich auf und schneide ihr das Wort ab. „Ich habe niemanden ein Video von mir geschickt, geschweige denn auch gedreht oder gezeigt!“
Aber so langsam gerate ich ins Zweifeln. Ich habe einige Videos auf meinem Computer, die alle bei den Proben von unserer Band entstanden. Soweit ich mich erinnern kann, hat Mark mit seiner funkelnagelneuen Nikon-Kamera aufgenommen, auf die er sehr stolz ist. Aber ich muss zugeben, einige Aufzeichnungen wurden wirklich sehr grandios!
Und wenn man vom Teufel spricht, lese ich auch schon den altbekannten Name meines besten Freundes auf dem Display.
Guten Morgen“, begrüße ich ihn mit einem gleichgültigen Ton, denn ich weiß genau, weshalb er mich um diese Uhrzeit anruft. Achtung, gleich wisst ihr es.
Sabi!!! Ich brauche sofort deine Hilfe! Was soll ich anziehen?! Ich habe gar nichts im Schrank!“, ruft er aufgebracht und wahrscheinlich den Tränen nahe.
Jeden Tag das selbe Problem bei ihm. Vor einem Jahr habe ich seine Klamotten gezählt. Ab dem sechzigsten habe ich vergeblichst aufgegeben, weil einfach noch viel zu viele gekommen wären. Und dann sagt er noch, er hat nichts zum anziehen?!
Ich lasse einen kleinen Seufzer aus mir heraus. Wieder fällt mir der Brief ein, wodurch ich schnell einen Entschluss fasse: „Ich komme zu dir, hab noch was mit dir zu besprechen. Bis gleich!“ Noch bevor er antworten kann, lege ich auf und verschwinde raus an die frische Luft.

Mir wird von einen in Handtuch gewickelten Schönling geöffnet, dessen Gesichtsausdruck mehr als nur Verzweiflung widerspiegelt. Auch sein Zimmer zeigt eindeutig, wie sehr er darunter leidet, denn mehrere Haufen liegen verstreut herum auf dem Boden.
Japp, so sieht es in einem Zimmer von einem Jungen aus, der vergeblichst sich durch seine x-tausend Hemden, Hosen und T-Shirts quält“, stelle ich fest, aber dennoch mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen.
Mark fällt mir wortwörtlich auf die Knie, die Hände ineinander gefaltet und bittet mich tatsächlich ihm zu helfen. Habe ich es ihm nicht schon am Telefon gesagt, dass ich es mache? Na ja, der Anblick ist trotzdem lustig.
Lachend krame ich in seine ganzen Stapeln, bis ich ihm eine graue Chino Hose und ein hellblaues T-Shirt mit V-Ausschnitt zuschmeiße. Erst betrachtet Mark diese Sachen skeptisch, aber dann war er doch zufrieden mit dem Ergebnis. Und wie lange habe ich gebraucht? Nicht mal fünf Minuten.
Wenn ich dich nicht hätte!“, bedankt er sich mit einem Küsschen auf meine rechte Wange. „Würdest du hier immer noch halbnackt herumlaufen und Panik schieben“, beende ich seinen Satz.
Er grinst breit: „Ja, da könnte was dran sein. Über was wolltest du denn mit mir reden?“
Ich reiche ihm den Brief aus meiner Handtasche, den auch er interessiert durchliest. „Du meintest doch, du willst da nicht mitmachen?“ Er sieht mich mit großen Augen an.
Das Problem ist: Ich habe da nicht mitgemacht.“
Wollte jemand, dass du da mitmachst?“, fragt er mich. Ich überlege. Doch, Clara wollte immer, dass ich da mitmache. „Ja, Clara...“
Oh, ja jetzt ist alles klar“, lacht er laut los.
Was ist denn?“ Ich hasse es, wenn er nicht gleich mit der Sprache herausrückt!
Du weißt doch, dass ich euch mal gefilmt habe. Clara wollte unbedingt, dass ich ihr die Materialien schicke. Und ja, das habe ich dann auch.“
Jetzt bin ich diejenige, die verzweifelt in Marks Zimmer umher stolziert. „Ich bin gar nicht scharf darauf“, murmle ich zu ihm und lasse mich rückwärts auf sein Bett fallen.
Bis jetzt hast du ja noch Zeit, abzusagen.“
Oder ich gehe einfach nicht hin. Das ist doch eine gute Idee!“
Oder das. Aber eigentlich wäre das die Chance für dich“, meint Mark.
Fang du nicht auch schon damit an! Ich überlege es mir noch, o.k.? Wenn ich zu Hause bin, rede ich ein ernstes Wörtchen mit Clara, darauf kannst du Gift drauf nehmen!“

6 Kommentare:

  1. toller Teil, freue mich schon auf einen Neuen.

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  2. Hehe. Mark...den will ich auch mal kennenlernen! :P Aber hoffentlich gibt es jetzt keinen Zoff mit Clara, sie wollte doch nur was Gutes! ;) Schnell weiter! :)

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  3. toller teil ich freu emich auf den nächstem:)))

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  4. Hahaha, vielleicht hat Basti die ja aufgenommen :D

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  5. JETZT bin ich gespannt, ob es überhaupt clara war :D
    schöner teil! ;)

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